Afrika Reiseberichte Tunesien

Der Süden zeigt das andere Tunesien – Reisebericht einer Tunesien Rundreise

Sonne, weiße Sandstrände, türkisblaues Meer und luxuriöse Hotels in Hammamet, Monastir oder Port el Kantaoui – Tunesien ist bekannt dafür, und nicht wenige Urlauber haben es so kennen und schätzen gelernt. Der Süden Tunesiens zeigt allerdings ein ganz anderes Gesicht: die Sahara mit Salzseen, Dünen, Oasen und kleine Dörfer am Rande der Wüste mit rammelvollen quirligen Märkten, die an die Geschichten aus 1001 Nacht erinnern.

Reisebericht von Rolf Schwarz

Kamelkarawane

Eine Kamelkarawane in den Sanddünen am Rande der tunesischen Wüste im Sonnenuntergang

Douz – Das Tor zur Wüste

Es ist noch dunkel und eisig kalt, als wir an jenem Dezembermorgen in unserem Geländewagen auf der leeren Landstraße die Stadt Sousse im Norden Tunesiens verlassen. Ziel ist der Süden oder besser gesagt, Douz, das „Tor zur Wüste”. Über 500 km auf staubigen und mitunter holperigen Straßen liegen vor uns – und eine (hier allgemein übliche) haarsträubende Fahrweise, die einem auf europäischen Straßen mit Sicherheit den Führerschein kosten würde.

Nach einigen Kilometern geht am Horizont die Sonne auf und wirft ihr noch schwaches Licht auf die vorbeihuschende Landschaft, die zunächst noch bewachsen von Kilometer zu Kilometer sichtbar dürrer wird. Bäume und Büsche verschwinden und eine endlose Steppe breitet sich vor uns aus. Das Land wird allmählich zur Wüste, unterbrochen von endlosen Olivenplantagen, deren Bäume alleengleich kilometerlang nebeneinander aufgereiht sind.

„Eine der Haupteinnahmequellen Tunesiens”, erklärt uns Sami, unser Führer. Mit über 70 Millionen Olivenbäumen auf über 1,7 Millionen Hektar sei das Land der drittgrößte Olivenölproduzent der Welt und gebe mehr als einer Million Tunesier Brot und Arbeit. Die zwei Männer, die in ihren braunen Djellabahs am Rand der Straße in der Morgensonne vor sich hindösen, gehören offenbar nicht dazu. Und jene, die das Café bevölkern, an dem wir zu einer kurzen Pause halt machen, wohl auch nicht.

Sami grinst. „Die Uhr tickt hier anders als in Europa. Der Tee, die Shisha und das Schwätzchen gehören hier zum alltäglichen Leben.” Ich bestelle mir einen Minztee und beobachte das maskuline Treiben (keine einzige Frau vorhanden) im proppenvollen und dunstbeladenen Lokal. Beim Bezahlen (1 Dinar) drängen sich mir zwei Gedanken auf: Erstens, dass ich für meinen Tee mehr als ein Tunesier bezahlen muss, und zweitens, dass wir die Gruppe Einheimischer, die seit unserer Ankunft am gegenüberliegenden Tisch einen Tee nach dem anderen trinken, ununterbrochen schnattern und an der Shisha saugen, auch noch nach drei Stunden hier vorfinden werden.

Das Amphitheater von El Djem

Nach Kilometern von Olivenhainen links und rechts von der Straße taucht urplötzlich ein riesiges Gebäude vor uns auf: Das Amphitheater von El Djem, ein kleinerer Nachbau des Kolosseums in Rom und Zeuge des ungeheueren Reichtums der damaligen Bürger und Großgrundbesitzer von El Djem. Ebenso wohlhabend wie vom Leben in der afrikanischen Provinz gelangweilt ließen sie im Jahre 238 unter dem Proconsul Gordanius I dieses monumentale Amphitheater (Fassungsvermögen 35000 Zuschauer) errichten. Mit knapp 150 m Länge, 120 m Breite und einer Höhe von 40 m ist es das drittgrößte Amphitheater des römischen Reichs. Und das am besten erhaltene, wie ich bei einem Rundgang feststellen kann.

Amphitheater von El Djem, Tunesien

Das Foto zeigt die Außenmauern des Amphitheaters in El Djem. Es wurde 1979 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen und ist das größte Amphitheater auf afrikanischem Boden.

Und dies nicht etwa, weil es nie in Betrieb genommen wurde. Die Ränge des „afrikanischen Kolosseums” haben niemals Zuschauer und die Arena keine römischen Zirkusspiele gesehen. Und die düsteren Zellen und Verliese im Untergeschoss haben weder Löwen oder Tiger noch Gladiatoren oder verfolgte Christen beherbergt. Es war vielmehr Schauplatz des Aufstandes der Bürger El Djems gegen die römischen Steuereintreiber. Die Bürger verschanzten sich im Amphitheater und die Römer rissen eine ganze Seitenfront nieder, um die Rebellion zu beenden. Heute hat man von dort aus eine herrliche Aussicht auf die Stadt von El Djem, die von dem Theater überragt wie eine Spielzeugstadt wirkt.

Sami drängelt zur Weiterfahrt: „Wir sind spät dran und haben noch viele Kilometer vor uns.” Der Toyota (nicht gerade das neueste Modell) rattert mit 110 km/h nach Süden. Vorbei an Sfax mit den wuchtigen Altstadtmauern und Gabes, bekannt für die Henna-Produktion und Phosphat-Minen, und die Petrochemiestadt Gabes, die bekannt für ihre herrliche Strände ist. Wir halten einen Moment am Gewürzmarkt von Gabes. Nicht nur die Vielzahl der bunten Gewürze beeindrucken an den Ständen: Auf wenigen Quadratmetern konzentriert sich ein Gemisch von verschiedenartigsten Düften in der Luft, der uns später noch kilometerlang auf der Weiterfahrt begleitet.

Je weiter wir in den Süden und in die Nähe der Lybischen Grenze kommen, desto mehr sehen wir am Straßenrand kleine Stände und Hütten, an denen in Tonnen und Kanistern Benzin zum Verkauf angeboten werden. „Benzinschmuggler”, erklärt Sami. Das Benzin sei im Ölförderland Lybien spottbillig. Diesel koste dort pro Liter knapp 10 Cent. Viele Einheimische überqueren die Grenze mit Tonnen und Kanistern, um sich drüben mit Sprit einzudecken und dann am Straßenrand zu verkaufen. Eine andere Form sich den Lebensunterhalt zu verdienen.

Höhlenhäuser in Matmata

Wir halten schließlich an einem Restaurant bei Matmata – rund 40 Kilometer südlich von Gabes – zum Mittagessen an. Urig. Ein ehemaliges Höhlenhaus, das zum Restaurant und Hotel umgebaut wurde, das freilich schon vor vielen Jahren, wie die abblätternde Farben der Mauer erkennen lässt. Das Essen in der langgezogenen und schummerigen Speisehöhle ist allerdings köstlich. Zur Vorspeise Salat und mit käsegefüllte Fladen und als Hauptspeise Couscous mit Hammelfleisch, Hühnchen und Gemüse. Dazu gibt es tunesischen Rotwein und als Abschluss zur Verdauungshilfe einen Boukha (Feigenschnaps). Auch wenn der Islam die offizielle Religion des Landes ist, ist der Alkohol hier nicht verboten. Im fruchtigen Norden des Landes wird Wein angebaut und hergestellt. Und der tunesische Schnapps hat es in sich. „Wir haben hier eine Light-Version des Islam”, meint Sami grinsend, während er einen genussvollen Schluck Rotwein zu sich nimmt. Unser Fahrer Jamal nickt zustimmend und mit süssauerer Mine. Er darf nicht. Schließlich muss er noch fahren.

Nächster Halt ist eines der Höhlenhäuser in Matmata, dass wir besuchen dürfen. Man muss schon genau hinschauen, um sie zu finden. Vor mehr als 1000 Jahren von den Berbern gebaut, dienten die versteckten unterirdischen Höhlenhäuser als Schutz vor der Sommerhitze und möglichen Invasoren. Der Hof ist meist bis zu sechs Meter tief in den Boden gegraben und bietet durch tunnelartige Eingänge Zugang zu den Zimmern an allen Seiten des Hofs. Größere Höhlenhäuser haben bis zu drei Höfe, die durch Tunnel miteinander verbunden sind.

Als wir das Höhlenhaus betreten, mahlt eine Berberin in einer Höhlennische mit einer uralten Steinmühle Korn. Ich suche vergeblich nach dem Korn. Alles nur Show. Die Räumlichkeiten sind aber echt. Küche, Schlaf- und Wohnzimmer sind einfach aber gemütlich eingerichtet. Letzteres hat sogar einen Fernseher, was die Satteliten-Schale auf dem Dach erklärt. Die Vorratskammer ist im Obergeschoss und nur über einen Strick zu erreichen. Sami nickt mir aufmunternd zu. Ich begnüge mich aber lieber mit dem Badezimmer im Erdgeschoss. Die Dusche lässt mich allerdings nachdenklich: eine Steinwanne mit einem runden Stein in der Mitte und kein Abfluss. Wie zum Teufel… ?

Beim Verlassen des Hauses wird klar, dass der Besuch nicht umsonst ist. Am Ausgang steht die Berberin mit einer Schale und sammelt von den Touristen Geld ein. Mein Versuch einen Dinar in die Schale zu legen wird mit einem ebenso stechenden wie missbilligendem Blick quittiert. Ich lege vorsichtshalber noch vier Dinar nach. Man will ja schließlich nicht als knauserig gelten. Nicht weit von hier in Tataouine wurde übrigens „Star Wars” gedreht. Das Dorf war Drehplatz des Wüstenplaneten Tatooine, Zuschlupf der Piraten und Schmuggler.

Über Gafsa nach Tozeur

Während ich noch über die Berberdusche nachgrübele, geht die Fahrt weiter über Gafsa nach Tozeur, wo wir die Nacht verbringen werden. Gafsa ist eine Industriestadt und bekannt für seine Phosphat-Minen. Die tristen, schmutzigen Straßen und die grauen, heruntergekommenen Wohnviertel lassen nicht auf den Wohlstand schließen, den diese Industriestadt eigentlich haben sollte. Dafür findet man überall an den Hauswänden, Mauern und Industriegebäuden das überlebensgroße Plakat des Präsidenten Zine el-Abadine Ben Ali, der dort seit mehr als 20 Jahren in seiner prunkvollen Uniform auf sein Volk herunterlächelt.

Die Region sieht heruntergekommen und vernachlässigt aus und ihre Bewohner scheinen sich auch so zu fühlen. Samis folgende Erzählung mag dies unterstützen. Als die Stadt am 27. Januar 1980 für drei Tage von einem Lybischen Kommando besetzt wurde, schlossen sich viele junge Männer der Invasorenarmee an, um gegen ihr eigenes Land zu kämpfen. Bei den Kämpfen kamen 48 Menschen ums Leben. „Dies war allerdings vor der Zeit Ben Alis”, fügt Sami hinzu. Tatsächlich hat Ben Ali, der zuletzt im Oktober 2009 mit rund 89% der Stimmen in seinem Amt bestätigt wurde, mit politischer Stabilität, Maßnahmen gegen den radikalen Islamismus und nicht zuletzt durch ein Handelsabkommen mit der EU das Wirtschaftswachstum angekurbelt und Tunesien zu einem der wohlhabensten und modernsten Ländern Afrikas gemacht. Religiöse Parteien, Polygamie und das Tragen des Hidschab in der Verwaltung und öffentlichen Schulen verboten. Die Scheidung ist erlaubt und die alte Tradition der Heiratsversprechen, nach der die Väter ihre Töchter verheiraten können, eingegrenzt. Die Frauen haben das Recht, solche Heiratsversprechen abzulehnen. Auch gilt hier die Schulpflicht bis zum Alter von 16 Jahren. Mit der scheint man es hier allerdings nicht so genau zu nehmen, wie die Präsenz vieler Kinder auf den Märkten und sonstwo zeigt.

Tozeur, Chebika und Tamerza

Es ist kurz nach sieben, als wir im El Mouradi Tozeur (ein Drei-Sterne-Hotel) ankommen. Eine kurze Dusche, Kleidungswechsel, Abendessen und danach ab ins Bett. Morgen beginnt der Tag um 6 Uhr. Beim Frühstück höre ich am nächsten Morgen Beschwerden übers Hotel. Die Zimmer seien schmutzig und das Essen unter aller Kanone. Ich kann dem nicht zustimmen. Sicher, ich habe schon weichere Brötchen zum Frühstück gegessen. Das war allerdings nicht im Süden Tunesiens, in dem ein Drei-Sterne-Hotel eben nicht unbedingt das gewohnte Drei-Sterne-Hotel sein muss. Und bei der Vorstellung, was viele der hier im Süden lebenden Tunesier auf dem Frühstückstisch haben, kommt mir das meine atemberaubend vor. Allerdings muss ich zugeben: Das Rinderragout – dies behauptete zumindest das Schild am Buffet – von gestern Abend war allerdings etwas zäh.

Tozeur ist eine Oase mit gigantischen Palmenhainen und einer unbeschreiblichen Ruhe. Als wir am frühen Morgen in die grünen Palmenwälder eintauchen ist nichts anderes zu hören, als Vogelgezwitscher und das Getrappel der Pferde vor den Wagen. Mitten im Palmendschungel ein verlorener Händler, der vergeblich seine Ohrringe und Ketten an die Touristen zu verkaufen versucht. Und die Arbeiter des Palmenhaines, die artistisch in halsbrecherischer Höhe auf den Palmen herumklettern und Datteln abschneiden.

Mit über 400000 Palmen auf mehr als 1000 Hektar gilt es als die größte Palmenplantage Tunesiens. Ein gigantischer Palmengarten, der nicht nur die süßen Datteln liefert. Von der Palme wird alles verwendet: Vom Saft der Palme wird Palmenwein hergestellt, aus den Blättern Körbe geflochten und die Palmenstämme dienen zur Produktion von Balken und Platten. Und Selbst die Dattelkerne gelten als Leckerbissen für die Kamele.

Tozeur, Tunesien

Tozeur, Tunesien 2002

Die immer stärker in den Sog des Massentourismus geratene Stadt ist Sitz des Gouverneurs der gleichnamigen Provinz und Mittelpunkt des Bled el Djerid (Land der Palmenzweige). In die Palmen-Oase von Tozeur gelangt der Reisende schnell über mehrere von der Hauptstraße abzweigende Straßenzüge, deren Zugang oft von Fremdenführern mit Kamelen und Droschken verstellt ist. Das Foto zeigt einen Droschkenfahrer auf der Av. Habib Bourguiba in Tozeur.

 

Nach dem Spaziergang unter Palmen machen wir einen kurzen Rundgang durch die Medina von Tozeur. Ein Labyrinth von kleinen Gassen und Geschäften mit Kleidung, Schuhen, Töpfereien, Backwaren und und und…Wer hier was kaufen will, braucht allerdings gute Nerven. Sich in einem der vielen Läden einfach nur umzuschauen ist fast unmöglich. Schon nach wenigen Sekunden hat man einen ohne Unterbrechung schwätzenden Verkäufer am Wickel, der einem alle möglichen Souvenirs anzudrehen versucht. Ich bleibe in einem Kleiderladen hängen, der dem Kaufhaus Hertie Konkurrenz machen könnte. „Du nur gucken und dann kaufen”, meint der Ladenbesitzer mit dem Namen Sidi und zieht mich am Ärmel durch sein Geschäft. Nach der Tour durch drei bis zum Bersten gefüllte Stockwerke und einem ununterbrochenen Wortschwall lässt mich der sichtlich enttäuschte Sidi schließlich aus seinen Klauen. Ohne Souvenir und mit leichten Kopfschmerzen ziehe ich von dannen.

Beim Metzger zwei Gässchen weiter bietet sich neben dem allgegenwärtigen Ben Ali-Plakat ein ungewöhnlicher Anblick: der Kopf eines frisch geschlachteten Kamels hängt über dem Tresen und daneben die vier abgehäuteten Kamelbeine. Kamelfleisch zum Abendessen? „Eine Delikatesse”, plärrt mir der bärtige Metzger entgegen, als er meine skeptische Miene sieht. „Und sehr billig”. Letzteres glaube ich ihm ungesehn. „Das Kamelfleisch ist ähnlich wie Rindfleisch, nur trockener und zäher”, klärt mich Sami später auf. „Das wird hier nur in Form von Eintöpfen und mit viel Sosse gegessen.” Unwillkürlich taucht in meiner Erinnerung das Rinderragout von gestern Abend auf. Das wird doch nicht etwa……?

Bergoase Tamerza

Bergoase Tamerza, Tunesien

Während dessen geht die Fahrt weiter nach Chebika, einer der Steinoasen in den Bergen südlich von Tozeur. Die Straße ist erstaunlich gut ausgebaut und führt zu einer Ruinenstadt auf einem Hügel über der eine aus Stein gehauene riesige Gemse thront. Zwei Cafes und Souvenirläden und ein herrlicher Ausblick in eine Schlucht, die mit unzähligen Dattelpalmen bewachsen ist. Der Weg in die Schlucht ist steil und führt durch Felsspalten zu einem kleinen See, der durch einen Wasserfall gespeist wird. Herrlich. Zeit für einen Minztee und weiter geht es nach Tamerza, der größten Bergoase Tunesiens. Einer verlassene Ruinenstadt, herrliche Canyons und ein prachtvoller Wasserfall. Die Souvenirläden für die Touristen dürfen natürlich nicht fehlen. Einer der Händler versucht mir eine in einer Plastikflasche gefangene giftige Schlange anzudrehen. „Für die Schwiegermutter”, meint er mit tödlich ernster Miene. Ich verzichte dankend. Das kann ich der armen Schlange nicht antun.

Chott El Jerid und die Oase von Douz

Salzsee, Chott el Djerid

Salzsee, Chott el Djerid

Wir beginnen unserer letzte Etappe durch den Chott El Jerid, dem größten Salzsee Tunesiens. Früher musste man ein Abenteurer sein, um den Chott el Cherid zu durchqueren. Viele Legenden erzählen von den Karawanen, die beim Durchqueren vom Chott El Jerid verschluckt wurden. Heute führt eine sehr sichere und gut ausgebaute Straße durch die Salzwüste. Dennoch ist der Zauber geblieben. Je nach Jahreszeit ändert der Chott El Jerid sein Aussehen: Ein Spiel zwischen schneeweißem Glitzern, blauem, lagunenartigem Seewasser und mondlandschaftähnlichen Ebenen. Und mit etwas Glück bekommt man sogar eine Fata Morgana zu sehen. Häuser, Klippen, Bäume, verschiedene Schattenbilder schweben dann über dem funkelnden Salzsee.

Dieses Glück haben wir leider nicht. Dafür können wir von Menschenhand geformte skurrile und farbige Figuren aus Salz bewundern – und – wie soll’s anders sein – einen Souvenirladen mitten in der Salzwüste. An der Holzhütte hängt ein großes Schild „Billiger als bei Carrefour” und nebendran die Toiletten in blauer Farbe und unterteilt in „Normal“ und „Komfort“. Reiner Etikettenschwindel. Ein großer Unterschied besteht zwischen den beiden nicht. Und für beide muss man natürlich bezahlen. Ein junger Mann mit einem Wüstenfuchs kassiert vor dem Betreten. Und ein alter Mann spielt nicht weit entfernt neben einer Salzsäule Flöte – auch gegen Bargeld natürlich.

Der Mann mit der Flöte

Der Mann mit der Flöte

Nach langer Fahrt durch den Salzsee gelangen wir schließlich an unserem Ziel an. Die letzte Oase: Douz, das Tor zur Wüste. Hier beginnen die unendlichen Dünen der Sahara, direkt hinter dem Zentrum des Wüstendorfes, das seit jeher Drehscheibe des Handels der Region ist. Douz hat inmitten von Sanddünen die Gebräuche und Traditionen des Halbnomaden-Volks konserviert. Nicht zuletzt mit seinem Donnerstagsmarkt, dem Kunsthandwerk aus Dromedarleder, dem Berberschmuck und der Zucht der Wüstenwindhunde, der sogenannten Slougis. Und jedes Jahr Ende Dezember findet hier das Saharafestival statt: Berber, Beduinen, Reiterspiele, Hochzeitszüge und Kamelrennen machen Douz dann zu einem lebendigen Museum der Wüstentraditionen.

Kamelrennen bekommen wir keine zu sehen. Wir begnügen uns mit einem nachmittäglichen Wüstenausflug auf einem Dromedar. Der Ritt ist gewöhnungsbedürftig. Während wir auf den Dromedaren durch die Sanddünen schaukeln verschwindet Douz am Horizont. Nach einer halben Stunde ist weit und breit nur noch Sand zu sehen und die Sonne, die sich langsam und stetig dem Dünen-Horizont entgegen neigt und die Wüste in ein dunkles Rot taucht. Vor uns zieht eine Kamelkarawane vorbei. Ansonsten absolute Ruhe, endloser Sand und endlich mal kein Plakat mit dem allgegenwärtigen Ben Ali.
Faszinierende Wüste.

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