Reisebericht einer Fahrradtour durchs ländliche Umland der Hansestadt Rostock nach Tessin
Die Rostocker Landpartie „Mit dem Fahrrad durchs ländliche Umland der Hansestadt” bietet allen Gästen und vor allem auch Rostockern, die mal kurz rauswollen aus der Großstadt und nicht unbedingt Lust verspüren mit dem Auto auf den Darß oder an die Seenplatte zu fahren, einen gelungenen Tagesausflug mit dem Fahrrad. Es geht über größtenteils gut ausgebaute Wege vorbei an alten Kirchen und Schlossseen, über landestypische Alleestraßen zum Gutshof Teutendorf und durch das ursprüngliche Recknitztal zu den letzten Außenposten der IGA.
Wer mag – weil Kondition oder das Wetter nicht mitspielen – kann einzelne Streckenabschnitte mit der so genannten „Recknitzbahn” (Rostock-Hbf – Tessin) zurücklegen. Die Bahn fährt stündlich in beide Richtungen, jeweils gegen Viertel nach. Kosten circa EUR 6,50!
Ausgangspunkt der Radtour ist der Friedhofsparkplatz in der Weltstadt Pastow. Über Lindenweg und Alte Schulstraße verlassen wir den Parkplatz, durchfahren Neu Broderstorf und gelangen nach knapp 6 Kilometern ins benachbarte Thulendorf.
Kirche Thulendorf
Im Dorfzentrum von Thulendorf befindet sich eine Kirche. Sie gehört zur Propstei Sanitz und ist eine Feldsteinkirche aus dem 15. Jahrhundert.
Weitere Kirchen, die auf dieser Radtour besichtigt werden können und ebenfalls zur Verwaltungsebene Sanitz gehören, sind die Häuser in Sanitz, Tessin und Vilz. Bad Sülze, Cammin, Koelzow und Thelkow liegen nicht auf der Route.
Schon das unscheinbare Dorf verfügt über zwei Sehenswürdigkeiten der Landpartie. Zum einen haben wir da die alte Dorfkirche in Thulendorf, eine Feldsteinkirche aus Findlingen und s.g. Lesesteinen im 15. Jahrhundert erbaut. Gegenüber der Kirche befinden sich die Ferienwohnungen der Pension „Hansestern”. Das zweite Highlight von Thulendorf liegt – wenn man mal das Kriegerdenkmal außen vor lässt – bereits in Neu Thulendorf: die Galerieholländermühle. Die historische Windmühle, in den Jahren 1906-1912 errichtet, steht kurz vor dem Ortausgang (linke Hand, Kilometer 7,7).
Windmühle Neu Thulendorf
Die Mühle Arnholt in Neu Thulendorf ist eine Windmühle Typ Galerieholländer. 1906 erbaut, entstand 1912 zudem eine Bäckerei in der Mühle. Jahre später diente sie der LPG als Futterproduktionsstätte bis die Mühle schließlich 1982 stillgelegt wurde. Unter Verlust der kostbaren Mahltechnik wurde die Mühle zu einem Wohnhaus umgebaut. Und seit 1993 kann sich die grüne Kappe mit den Flügeln auch wieder in den Wind stellen bzw. drehen lassen.
Weiter geht es über die geteerte und mit dem Fahrrad sehr gut fahrbare Landstraße in das Örtchen Sargerheide. In Sargerheide ziehen sich links und rechts der Dorfstraße die Anwohnerhäuser entlang. In den Blickwinkel gerät auch mal eine vergessene Scheune kurz vor dem Verfall. Eigentlich nichts besonders und doch: wer genauer hinschaut, erkennt den Charme des Dorfes. Ein individueller Mix aus schwedischen Holzhaus, renovierten Bauern- und Backsteinhäusern sowie einem neugestalteten Rundhaus mit Reetdach – hier und da eine Milchkanne als Briefkasten. Ein umgebauter Kuhstall am Ortsausgang ist namengebend für ein Restaurant mit Pension.
Schloss Groß Lüsewitz
Das Schloss auf dem vormaligen Gut Groß Lüsewitz wurde in den Jahren 1896-1898 im Stil der Neorenaissance erbaut. Eine Besonderheit am Schloss ist der hohe achteckige Turm, dessen obere Stockwerke auf dem Foto zu sehen sind. Hinter dem Herrenhaus schließt sich eine Parklandschaft an.
Die Gemeinde Sanitz verwaltet das Haus.
Nach 11 Kilometern Landstraße kreuzen wir die B 110 um den parallel zur Bundesstraße verlaufenden Radweg gleich wieder zu verlassen. Vielleicht 50 Meter auf dem Radweg biegen wir nach rechts Richtung Groß Lüsewitz ab. Ein altes Schloss mit Schlosspark und See liegt auf dem Weg. Dazu der große Lüsewitzer See: ein Pachtgewässer mit Badestellen und kleinem „Strand”. Nach Umrundung des Sees hat der Fahrradcomputer einen weiteren Kilometer auf der Uhr.
Ein Gebäude, welches auf dem ersten Blick nicht einzuordnen ist, steht unmittelbar an der Dorfstraße – rechte Hand kurz vor den Bahnschienen (aus Ortkern kommend). Ein alter, total zerfallener und gute 20-30 Meter langer Schafstall zeugt von einstiger landwirtschaftlicher Notwendigkeit. Und auch wenn das Gebäude völlig marode ist, bietet es Fotografen bei richtigen Lichtverhältnissen eine perfekte Kulisse.
Kirche Sanitz
Da die baulichen Sehenswürdigkeiten von Sanitz begrenzt sind, ist die Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert sicher ein Highlight der Kleinstadt.
Im Inneren der Kirche wurden 2010 umfangreiche Baumaßnahmen durchgefürht, da u.a. das Gebälk im oberen Teil der Kirche völlig marode war.
In Groß Lüsewitz verläuft parallel der Bahnschienen ein wunderbarer Radweg, so das nicht der Radweg entlang der Bundesstraße Richtung Sanitz genutzt werden muss. Folgt man dem Groß Lüsewitzer Weg sieht man in der ferne Gebäude die aussehen wie Bienenstöcke. Es handelt sich um die örtliche Schule. Der Weg mündet in die Fritz-Reuter-Straße und bald erreicht man die Dorfkirche von Sanitz – ein weiterer Feldsteinbau (13. Jh.).
Die Ortschaft selbst ist nicht gerade reich bestückt mit Sehenswertem und wir verlassen Sanitz, der Bundesstraße 110 Richtung Tessin folgend, und biegen unweit des Ortsausgangs links nach „Gut Teutendorf” ab. Und hier beginnt der vielleicht schönste Teil dieser Radtour. Eine asphaltierte Landstraße – von Wind und Wetter „zerfressen” – gibt deren Hochs und Tiefs frei, was den Radfahrer aber nicht weiter stört. Kastanien am Wegesrand und weites Mecklenburger Land geben endlichen den Blickwinkel frei für einen neuen Streckenabschnitt der Landpartie zwischen Rostock und Tessin.
Gutshaus Teutendorf
Friedrich Freiherr von Flotow (Komponist) wurde 1812, hier auf dem väterlichen Gut in Teutendorf, geboren.
Die blau-weiße Denkmalplakette an der Hausfassade lässt erahnen: das Gutshaus aus dem 19. Jh. wurde aufwendig renoviert. Das war im Jahr 2000. Ein Gedenkstein vor dem Haus erinnert an den Komponisten der Oper „Martha”.
In Teutendorf treffen wir auf den ersten Außenposten der IGA. Das heute gut restaurierte Gutshaus gehörte zum väterlichen Gut des berühmten mecklenburger Komponisten Friedrich von Flotow (1812-1883).
Die Radtour geht weiter über Land: Ende Mai bis Anfang Juni womöglich entlang weitläufiger und farbenprächtig gelbblühender Rapsfelder. Wintergerste liefert oftmals eine ebenso malerische Landschaft. Wilder Mohn dazu – perfekt! Auch den Kranichen kann man auf dieser Tour begegnen. Haflinger sehen wir auf dem Gelände der Wolfsberger Mühle, ein ländliches Idyll vor den Toren Tessins.
Golfplatz Tessin
Auf der Radtour wird die 9-Loch-Golfanlage (Par 36/72) erreicht über das Naturschutz- und Waldgebiet um die Wolfsberger Mühle, ein Landgasthof mit Pension, welche derzeit renoviert wird (Stand Juni 2010).
Der Golfplatz von Tessin und die Wolfsberger Mühle sind zwei von noch vielen weiteren Geheimtipps in Mecklenburg-Vorpommern.
Der Weg von der Wolfsberger Mühle nach Tessin führt südöstlich durch ein kleines Waldstück. Das Gebiet bietet einmalige „Verstecke” zum Ausguck und kurzzeitigen Verweilen. Das Waldstück endet an einem weitläufigen Golfplatz. Schafft es der gemeine Radfahrer hier nun kein Opfer eines völlig verpatzten Abschlags zu werden, steht dem eigentlichen Ziel dieser Radreise nichts mehr im Weg. Der Radler kann in der s.g. Blumenstadt, dem letzten Außenposten der IGA 2003, quasi Einputten. Und das in vielerlei Hinsicht.
Zum einen besteht in Tessin die Möglichkeit das Fahrrad mit der Bahn zu tauschen.
Eine weitere Option ist der Geschichte einer vormals aktiven Rübenbahn auf den Grund zu gehen. Dabei darf natürlich die Fahrt über die Recknitzbrücke nicht fehlen. Auf dieser Radtour erreichen wir die Brücke nach 29,94 Kilometern und einer reinen Fahrzeit von 1,30 h.
Ferner bietet die hiesige Kanustation an, eine Kanutour auf der Recknitz zu starten. Der renaturierte Streckenverlauf Richtung Bad Sülze hält jedoch einige Sackgassen bereit!
Aussichtsturm Prangenberg, Tessin
Der 14 m hohe Tessiner Aussichtsturm bietet als solcher eine Plattform, die vom Prangenberg imposante Eindrücke mit Sicht über die Landschaft bereit hält. 2003 erbaut, wurde der Turm im Zuge der kontinuierlichen Entwicklung der touristischen Infrastruktur Tessins, insbesondere im Zuge des Ausbaus eines 15 km Wanderwegenetzes, errichtet.
Nehmen wir also das sportliche und zumal geringere Risiko auf uns und führen die Tour mit dem Fahrrad fort. Zumal der letzte Außenposten der IGA noch einige Highlights bietet. Im Gegensatz zu Sanitz besitzt Tessin so etwas wie eine Altstadt. Abseits der Gnoiener Straße und rund um den Tessiner Markt wurde in den letzten Jahren so manches Haus renoviert, was den Charme ausmacht! Und dann gibt es da noch den 14 m hohen Tessiner Aussichtsturm…
Nach 33 gefahrenen Kilometern setzen wir die Fahrt ganz unspektakulär auf dem Radweg entlang der Bundesstraße 110 von Tessin nach Rostock fort.
Zwei Tipps für den Rückweg
- Für eine Pause bietet sich der Broderstorfer Bauernmarkt an!
- Bei starkem Westwind ist die Rückfahrt mit der Bahn ab Tessin oder Sanitz empfehlenswert.
Tourdaten der Radtour
- Tageskilometer: 53,79 km
- Reine Fahrzeit: 2,52 h
- Dauer der Radtour: 5,00 h
- Höchstgeschwindigkeit: 50,4 km/h
- Durchschnittsgeschwindigkeit: 19,4 km/h
- Schwierigkeitsgrad: Stufe 2
- Routenverlauf: Rostock ⇒ Thulendorf ⇒ Sargerheide ⇒ Groß Lüsewitz ⇒ Sanitz ⇒ Teutendorf ⇒ Helmstorf ⇒ Tessin ⇒ Sanitz ⇒ Rostock